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Naturtherapie – gute Idee!

Warum Psychotherapie in der Natur eine wirklich gute
Idee ist …

Stell Dir vor, du brauchst eine Psychotherapie und Du gehst das erste Mal zum
Kennenlerngespräch. Vielleicht hast Du noch nie mit jemandem über Deine Ängste
gesprochen und Dir ist mulmig zu Mute. In Deinem Kopf stellst Du Dir schon die Szene
vor, in der in einem hellen Raum zwei Sessel um einen kleinen Couchtisch stehen und der
Therapeut sich Notizen auf sein Klemmbrett schreibt während Du von Dir erzählst.
Und nun stell Dir einmal vor, der Therapeut sitzt nicht in diesem Raum, sondern er steht
vor der Tür und läd Dich ein mit ihm durch den Stadtpark oder den nahen Wald zu
spazieren: Walk to Talk. Wie wär das denn für Dich?

Anstatt in einem Zimmer über Deinen Innenwelt zu erzählen, begebt ihr euch in den
Naturraum und mit jedem Schritt, den ihr gemeinsam den Weg entlang geht, spürst Du wie
Deine Anspannung abfällt und Du Dich entspannen kannst. Ganz nebenbei entdeckst Du
das Farbspiel der Herbstblätter, spürst den Wind in Deinem Gesicht und den Boden unter
Deinen Füssen, der Dich sicher trägt, und erzählst während des Gehens ganz leicht von
Deiner Situation – wie bei einem Spaziergang mit einem guten Freund.
Die Vorstellung einer Psychotherapie in der Natur ist keine Fantasie, sondern beruht auf
wissenschaftlichen Erkenntnisse der positiven Wirkeffekte von Naturaufenthalten auf
Körper und Seele.

Wie Dein Körper und Deine Seele  vom Naturkontakt profitiert:
Durch den Aufenthalt im Grünen reguliert sich Dein Herzkreislaufsystem, indem Dein Herz ruhiger schlägt, Dein Puls sich verlangsamt und Deine Atmung tiefer und ruhiger wird. Sogar Dein Immunsystem wird durch den Aufenthalt in der Natur gestärkt.
Aber nicht nur der Körper profitiert von der Bewegung im Grünen, sondern vor
allem auch Deine Psyche:
Positive Emotionen wie Freude und Wohlbefinden und sogar Dein Selbstwertgefühl
werden in der Natur gestärkt,. Der Stress lässt nach, Dein Geist entspannt sich mehr und
mehr und das Finden kreativer Lösungen wird nachweislich leichter für Dich.

Durch den Aufenthalt in der Natur bist Du von Deinem Alltag entfernt. Durch die
körperlichen Effekte beruhigen sich im Nachgang dann Deine Gedanken und Du kannst
Dich auch inhaltlich von Stressoren distanzieren. Der Geist folgt dem Körper.
All diese Effekte sind in einem Zustand von psychischer Erschöpfung oder Anspannung
von großem Nutzen für Deine Selbstregulation im Heilungsprozess. Wohlgemerkt sind das
Wirkungen, die nur dadurch geschehen, dass Du Dich ins Grüne begibst. Da hat das
therapeutische Gespräch noch nicht einmal begonnen.

Wie sieht denn dann eine Naturtherapie genau aus?
Eine Naturtherapie ist mehr als eine Psychotherapie im Grünen, denn sie öffnet die Zweier
Beziehung von Patient*In-Therapeut*In für das In-Beziehung-treten mit der umgebenden
Natur. Die Natur ist gleichzeitig die (sich immer verändernde) Bühne als auch der Akteur in dem therapeutischen Prozess.

Naturtherapie erfolgt auf 3 Ebenen: 

Die erste Ebene beschreibt die Verortung imNaturraum. Durch die Resonanz zur natürlichen Umgebung wird der Körper dabei
unterstützt sich selbst zu regulieren und zu regenerieren, was als sehr wohltuend
empfunden wird.

Therapeutisch wird dann  das körperliche Erleben mit
Achtsamkeitstechniken (aus dem Kopf in den Körper) vertieft. Mit anderen Worten ist das
die Übung, um ganz im Hier und Jetzt anzukommen und sich aus den belastenden
biografischen Bezügen und Bewertungen im Kopf zu lösen und die Welt mit
„Anfängergeist“neu entdecken zu können. Oft führt eine psychische Erkrankung ja dazu, sich in negativen Grübelgedanken zu verlieren. Die Achtsamkeitspraxis entkoppelt und entspannt diesen negativen Gedankenkreislauf.

Auf der Beziehungsebene erfolgt ein achtsames Entdecken von Beziehungen zur
umgebenden Natur als auch zur eigenen Natur. Diese Entdeckung führt im Naturraum
unmittelbar zu dem Konzept der Verbundenheit und Ressourcenkreisläufen. Alles hängt
mit Allem zusammen und bedingt sich wechselseitig. Ganz konkret entspringt hier eine
reale Erfahrung von Eingebundensein in die Kreisläufe des Lebens oder – emotional
gesprochen – von Mitgefühl: eine wohlwollende Haltungen gegenüber allem Lebendigem
in mir und um mich. Aus dieser Beziehungsqualität heraus resultieren konkrete
Verhaltensänderung oder die Neugestaltung der wesentlichen Beziehungen.

Naturtherapeutisches Arbeiten basiert also auf dem ganzheitlich körperlich sinnlichen
Erfahren und Begreifen von Problemen, Fragestellungen und Beziehungskonstellationen.
Oft wird die Natur als Projektionsfläche genutzt, wenn z.B. der alte geborstene Baum
genau so geschunden und rissig aussieht, wie Du Dich vielleicht gerade von innen fühlst. Oder die Natur wird zu Deinem Schutzraum, wenn Du Dir Deinen sicheren Raum nicht nur imaginativ vorstellst, sondern ihn Dir intuitiv frei aussuchst, z.B. das weiche samtige Moos zwischen Deinen Fingern spürst, den Duft in Dich einsaugen kannst und ganz real
erfahren kannst, dass Dich der Waldboden sicher trägt. Somit kannst Du diese
Erfahrungen über verschiedene Sinneskanäle körperlich verankern, was Deinem Gehirn
hilft, die neue Erfahrung leichter wieder abzurufen. Und das Schöne ist, dass Du das
Erlebnis beliebig oft wiederholen kannst, da Dir der Naturraum immer offen steht.

Aber die Natur ist auch Spiegel und Lehrraum im therapeutischen Prozess, denn sie zeigt
Dir die Wahrheiten auf, die Du im Alltag vielleicht ausklammerst, wie z.B. der permanente
Wandel aller Formen, die Vergänglichkeit von Lebensformen oder auch das Loslassen…
z.B. der Blätter im Herbst.

Eine Naturtherapie ist  eine Rückkehr zu Deiner eigenen Natur und eine nachhaltige
Beziehungsgestaltung zu dem Lebendigem in Dir und um Dich.

Falls Dich das Thema interessiert, schreibe uns gerne Deine Fragen unter

info@verde-gesund.de

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Autorin: 

Dr. med. Kristin Köhler (verhaltenstherapeutisch & naturpädagogisch ausgebildete Ärztin, Stress- und Achtsamkeitstrainierin)

VERDE – für Gesundheit in Natur

www.verde-gesund.de